Heute möchte ich gerne einmal über ein Thema sprechen, das viele Menschen unter uns betrifft und trotzdem noch immer ein Tabuthema ist.
Lasst uns über die Diagnose „KREBS“ reden.
Wer von uns ist nicht schon einmal mit diesem Thema konfrontiert worden? Jeder von uns hat vielleicht jemanden im Familien-, Verwandten- bzw. Bekanntenkreis der an Krebs erkrankt ist oder sogar selber diese Diagnose gestellt bekommen hat und über seine Erfahrungen darüber berichten kann.
In meinem Familien- und Bekanntenkreis gibt es ein paar liebe Menschen die an Krebs erkrankt sind. Alle haben ihre Erfahrungen mit der Krankheit gemacht und jeder von ihnen geht für sich selber sehr positiv damit um.
Auch ich wurde vor über 12 Jahren mit der Diagnose Krebs konfrontiert.
Ich hatte eigentlich nur einen Kontrolltermin für meine Schilddrüse erhalten. Bei der Untersuchung wurden Unstimmigkeiten festgestellt.
Innerhalb von einer Woche wurde ich schon operiert. Bei mir wurde alles bis auf den Strunk im linken Lappen entfernt. Nach der OP musste ich drei lange Wochen auf meinen Befund warten. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
Der Befund war ernüchternd. Ich hatte im linken Schilddrüsenlappen ein Karzinom. Der rechte Lappen war voller Knoten. Es war also gut, dass der Krebs entdeckt und entfernt wurde.
Ein kleiner Teil, der Strunk im linken Lappen, ist aber nach wie vor da denn der wurde erhalten. Es war ja nicht wirklich mit dieser Diagnose zu rechnen. Der Befund sprach aber eine andere Sprache.
Seit dieser Diagnose bin ich unter ständiger Beobachtung und ärztlicher Kontrolle. Medikamente stehen bei mir an der Tagesordnung. Ich werde künstlich in einer schweren Schilddrüsenüberfunktion gehalten, damit der vorhandene Schilddrüsenteil nicht auf die Idee kommt sich wieder zu melden oder zu wachsen. Mein Tumormarker wird ständig kontrolliert. Mit den Jahren lernst du deinen Körper selber schon so gut zu kennen, dass du selber schon weißt, wie du deine Medikamente am besten dosierst.
Später kam noch die Diagnose Hautkrebs dazu. Ich habe in dieser Beziehung wirklich zu laut „hier“ geschriehen. Ich habe Basaliome, Aktinische Keratose und es wurden schon Melanome entfernt. In meiner Familie sind alle an Hautkrebs erkrankt. Mein Vater ist an dieser Krankheit verstorben. In diesem Falle is es besonders wichtig immer unter ärztlicher Beobachtung zu stehen und alles sofort operativ entfernen zu lassen was auffällig erscheint.
Ich habe zu meinem Leben ja gesagt und akzeptiere meine Diagnosen.
Kein Kopf in den Sand stecken! Nein, ich lebe seitdem bewusster und sehe jeden Tag als Geschenk an. Meine Prioritäten haben sich verändert.
Zudem bin ich aber auch noch Mutter. Mein Sohn macht zurzeit seine Bachelorarbeit im Energiesektor und ich bin sehr stolz auf ihn. Er wurde mit Asthma und Neurodermitis geboren und auch das war ein Lernprozess für uns alle.
Mein erster Sohn kam schwerstbehindert zur Welt. Er war eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Schwere epileptische Anfälle begleiteten ihn bis zu seiner letzten Stunde. Ich durfte meinen Sohn 24 Jahre auf seinem Lebensweg begleiten. Diese Zeit möchte ich nie mehr missen. Es war eine schöne und für mich wichtige Zeit. Er hat so viel Liebe gegeben und auch erhalten. Vor einem Jahr habe ich ihn zu den Engeln ziehen lassen. Dort sieht er jetzt von oben auf mich herab und begleitet mich auf meinem weiteren Weg.
Wenn du in so einer Konstellation lebst und mit diesen Diagnosen konfrontiert wirst, wächst du unweigerlich als Familie zusammen. Man muss noch erwähnen, dass es in meiner Familie noch weitere andere Krebserkrankungen gibt.
Du lernst auch viel über die Menschen um dich herum. Ich habe gelernt, dass man zwar mit dir spricht, aber das du auf dich alleine gestellt bist. Es gab und gibt nur ganz wenige Menschen, die ich als wahre Wegbegleiter und Freunde bezeichnen würde. Die meisten waren nur eine ganz kurze Zeit ein Teil auf meinem Weg. Das gehört dazu und auch das ist eine Erfahrung in meinem Leben.
Ich musste lernen zu unterscheiden, wer will nur das Beste für sich aus der Freundschaft mitnehmen und wer möchte auch hinter meine Familienfassade blicken.
Nach dem Tod meines Sohnes musste ich feststellen, dass sich die Menschen eher von mir abgewendet haben als auf mich zugegangen sind. Mit dieser Situation musste ich erst lernen umzugehen.
Heute weiß ich, dass jeder Teil deines Lebens ein Abschnitt ist, der eine Tür schließt, damit sich danach eine neue Tür öffnen kann.
Ich spreche offen über meine Diagnose Krebs und möchte auch anderen Mut machen darüber zu sprechen. Es gehört zu mir dazu.
Ein neues Kapitel hat für mich begonnen, die Seiten werden neu geschrieben. Es gibt so liebe neue nette Menschen, die ich bislang kennenlernen durfte, die mir aufgezeigt haben, dass man es aus eigener Kraft schaffen kann, um sich wieder neu zu finden.
Die wahre Lebenskunst besteht darin,
im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.
Es ist das Leben, das dich schön macht,
perfekt ist das Leben nie,
aber es gibt immer Menschen
auf deinem Weg
die es perfekt machen.
Neue Menschen werden meinen Weg kreuzen und neue Freundschaften werden daraus geboren. Ich freue mich schon auf meinen neuen Lebensabschnitt und all die Menschen, denen ich in dieser Zeit begegnen werde.
Eure Brigitte
Foto: Achim Fischer